Deutsche Friedhofssatzungen: Wenn der Amtsschimmel wiehert.

von 22. Dez 2017Gedanken ums Gedenken

In Berlin ist es eine schöne Tradition geworden, dass zweimal im Jahr der neue Eröffnungstermin des neue Flughafens BER verkündet wird. Inzwischen laufen Wetten, dass das Erstlanderecht unter der Hand an die Klingonen gegangen sei. Ja, ganz Deutschland lacht inzwischen darüber, dass die peinlichste Großbaustelle in Europa kein Ende nimmt, weil u. a. immer neue Auflagen auftauchen und sich Bauvorschriften schneller ändern, als die Arbeit fortschreitet. Ganz Deutschland? Nein – denn ich lache nicht. Ich habe nämlich regelmäßig mit dem deutschen Regulierungswahn zu tun. Wir bauen zwar keine Flughäfen, aber Grabsteine. Und für die ist im Grunde der gleiche Amtsschimmel zuständig wie für den BER. Wenn es um die Gestaltung von Grabsteinen geht, geht es auch um Paragraphen. Dabei ist es oft völlig gleichgültig, wie es um deren Sinnhaftigkeit bestellt ist – zum unserem Leidwesen und dem unserer Kundinnen und Kunden.

Denn als ob das Thema Friedhof für viele Menschen nicht schon traurig genug wäre, sind die Friedhofssatzungen häufig sehr kleinlich und die Behörden, die diese umsetzen, wenig flexibel.

Drei Beispiele: So haben uns Friedhofssatzungen schon das Leben echt schwergemacht.

 

Beispiel 1: Bitte nur im Rechteck.

Damit jeder auf den ersten Blick sieht, wie die Rasengrabsteine einer benachbarten Kommune auszusehen haben, ist in der Satzung extra eine Zeichnung abgedruckt. Weil man da aber unmöglich alle Varianten für die Form des Schriftsteines hinzeichnen konnte, hat man sich auf rechteckig in den maximalen Maßen (30cm hoch und 40cm breit) beschränkt. Leider hatte man vergessen, die zuständige Genehmigungsbehörde darüber zu informieren, dass es hier lediglich um die Größe geht. Folglich wurden alle ovalen, abgerundeten oder irgendwie anders nicht-rechteckigen Steine nicht genehmigt. Was wiederum zur Folge hatte, dass auf dem dortigen Friedhof überwiegend Rasengrabsteine stehen, die sich nicht an die Satzung halten – einfach, weil sich die Leute nicht jedes Detail vorschreiben lassen wollten.

Beispiel 2: Das eine Symbölchen zu viel.

Eigentlich sollte man meinen, dass es bei einer Schriftplatte, die der Friedhof zur Verfügung stellt, nicht viel zu reglementieren gibt. Doch weit gefehlt! Geregelt ist: die Schriftart („nur Druckbuchstaben“), die Anfertigung („sandgestrahlt“), die Schrifttiefe im Material („maximal 1,5mm“), die Buchstabenhöhe („4cm maximal“), die Anzahl der Symbole („1 außerhalb der Schrift“), die Symbolgröße („15cm maximal“), die Farbe der Schrift/des Symbols („naturbelassen, anthrazit, grau“), usw. Meine Kundin wünschte sich als Symbol einen Wanderschuh und eine Edelweißblüte auf der Schriftplatte ihres Mannes. Das ginge nicht, erklärte mir der freundliche Herr vom Friedhofsamt, das seien ja zwei Symbole. Hilfsbereit bot er aber eine Lösung an: Ich könne ja einen Kreis um Wanderschuh und Blüte ziehen. Dann sei es wiederum nur ein Symbol und somit genehmigungsfähig. Dass das nicht schön ausgesehen hätte: zweitrangig. Wir haben die Blüte dann auf den Schuh gemacht.

Beispiel 3: Es kommt wirklich auf jeden Zentimeter an.

Es handelte sich um ein Rasengrabmal, bei dem wegen der strengen Größenvorschriften eh nicht mehr viele Gestaltungsvarianten möglich sind. Zusätzlich verlangte die Satzung, dass der Schriftstein genau zentriert auf der Bodenplatte sitzt, damit man schön sauber mähen kann. Soweit nachvollziehbar. Unser Stein saß nun aber 2cm zu weit hinten, damit die Grableuchte auch noch auf die Bodenplatte passte. Mähen ließ sich immer noch problemlos- und sogar deutlich besser als bei den Nachbargräbern. Aber egal: nicht zentriert ist nicht zentriert. So in etwa lautete auch die Aussage des Friedhofsmitarbeiters beim Ortstermin mit unserem Chef: „Sie haben recht, bei Ihrem Stein lässt es sich viel besser mähen als bei den anderen. Er muss trotzdem um 2cm nach vorne versetzt werden.“ Die Grableuchte steht nun neben dem Grabstein.

Sinnvolle Friedhofssatzungen erfordern die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.

Ich möchte hier gar nicht den Stab über die Mitarbeitenden in den Friedhofsämtern brechen. Nicht sie sind für die Friedhofssatzungen verantwortlich, sondern die Orts- und Stadträte, die sich leider nicht beraten lassen, bevor sie Gestaltungsrichtlinien beschließen. Zum Beispiel von uns Steinmetzbetrieben, die fast täglich mit Friedhofsnutzern zu tun haben und wissen, welche Ansprüche diese an einen Grabstein stellen. Uns wird leider oft unterstellt, wir hätten nur unseren eigenen Vorteil im Blick, wenn wir zu größeren Steinen und weniger starren Regeln raten. Nein: Wir verstehen einfach mehr von Gestaltung und sind näher dran am Kunden. Die Friedhofsämter bringen dafür mehr Kenntnisse mit über die Arbeitsabläufe vor Ort. Weniger Misstrauen und mehr Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten würde sicher aus manch trostlosem Friedhof einen schönen Ort des Gedenkens machen. Und damit wäre wirklich allen geholfen.

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Über Katja Hobler

Katja Hobler probiert unheimlich gerne sich selbst und neue Dinge aus. Daher ist sie sehr dankbar, dass sie bei Natursteine Glöckner nicht nur für Strategie, Marketing und CSR zuständig ist, sondern noch für eine gute Handvoll anderer Bereiche.

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