Was hat unsere Arbeit mit “Heimat” zu tun?

von 28. Feb 2018Altes erhalten?, Ich Denkmal laut ...

Grade ist der Begriff „Heimat“ wieder in aller Munde. Oft wird er oft in einem Atemzug mit „unserer deutschen Kultur“ genannt, fast immer im Zusammenhang mit dem Thema Immigration und entsprechend als „bedroht“ klassifiziert. Aber brauchen wir eigentlich Einwanderung, damit unsere Heimat und Kultur bedroht ist?

Unsere Kultur – also Richard Wagner, Goethe und Oktoberfest?

Genau. Und nicht zu vergessen auch das historische Zollhaus in Bettingen und das ehemalige Kultusministerium in Saarbrücken. Nicht umsonst sprechen wir bei unseren Denkmälern von unserem kulturellen Erbe. Als Tourist schwärmt man beim Anblick der schönen Fassaden in Potsdam, im märchenhaften Oberammergau oder in der Altstadt von Hamburg. Auch, weil jeder dieser Orte seine unverwechselbare Bausubstanz besitzt.

Zuhause dagegen überputzt man schnell die Fensterumrahmungen aus Sandstein oder schlägt sie gleich ganz ab. So hat man eine praktische, weil glatte Hausfront fabriziert – die dann genauso aussieht wie die links und rechts und wie in egal welchem Ort überall in Deutschland. Tatsächlich tun Sie mehr für unsere Kultur, wenn Sie kleinere Schäden an Ihrer Sandsteinfassade nicht ausbessern. Lieber alles steinsichtig lassen statt zu Tode renovieren.

In diesem Kontext: Energie sparen ist sicher eine notwendige Sache. Dennoch sollte man sich nicht unbedingt von demjenigen energetisch beraten lassen, der am Dämmmaterial verdient. Erst recht nicht, wenn man ein altes Gebäude mit massiven Wänden besitzt.

Heimat

Wann fühlt man sich heimisch?

„Heimat“ – ein großes Wort, das unterschiedliche Menschen ganz unterschiedlich verstehen und beschreiben. Nicht nur für mich gehört dazu, dass sich meine „Heimat“ schon rein optisch von anderen Orten unterscheidet. Dass Straßenzüge und Gebäude nicht genauso ausschauen wie in jedem x-beliebigen Dorf, sondern dass sie z. B. durch regional unterschiedliche Bauweisen und Ortsbild prägende Fassaden ein eigenes Bild ergeben. Dass es Gebäude gibt, mit denen Erinnerungen verknüpft sind: die alte Schule, die Scheune, in der man als Kind gespielt oder das historische Rathaus, in dem man später geheiratet hat.

Wenn wir Steinmetze diese Gebäude restaurieren, erhalten wir nicht nur das Gebäude, sondern wir tragen aktiv dazu bei, dass Heimat, Geschichte und Kultur bewahrt werden.

Nur Altes erhalten?

Auch bei der Gestaltung von Neuem – Neu- oder Umbau, Renovierung oder Modernisierung – kann man viel dafür tun, dass sich das regional Typische abbildet. Etwa, indem man Werkstoffe aus der Region verwendet. In Deutschland gibt es noch um die 100 aktive Steinbrüche. Rund ums Saarland hat man die Auswahl an ganz verschiedenen Sandsteinen, auch der Basaltlava aus der Eifel hat es nicht weit bis zu uns.

Das soll nicht heißen, dass Naturstein aus anderen Regionen der Erde komplett abzulehnen ist. Je nach Verwendungszweck kann es sinnvoll sein, über den Tellerrand hinaus zu blicken.

Leider wird in Neubauten häufig der immer gleiche chinesische Granit in drei Farbvarianten verbaut. So wundert es nicht, dass ein Neubaugebiet in Buxtehude genauso aussieht wie eines im Bexbach. Die Fassaden von Einkaufszentren oder Banken wurden bis vor ein paar Jahren großflächig mit indischem Naturstein verkleidet, und zwar überall. Kaum eine City, die von einer Riesen-Fassade in Multicolor verschont geblieben ist. Irgendwie hat die Tatsache, dass man inzwischen viel mehr Auswahl an Natursteinen aus aller Welt hat, nicht zu mehr Vielfalt geführt, sondern zu mehr Einfalt. Den Zuschlag erhält oft das gleiche Material: das billigste.

Hubert Weinzierl, lange Jahre Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) sagte sehr zutreffend:

 „Es ist schlecht, wenn wir in unseren Tagen soviel von Heimat und Kultur reden und gleichzeitig die Basis dessen verhunzen, was Heimat eigentlich ist.“

Herr Weinzierl zielte mit seiner Aussage auf den Raubbau an der Natur. Aber sie trifft ebenso auf den Raubbau an unserer alten und neuen Architektur zu. Bedrohen wir unsere Heimat und Kultur nicht selbst durch Gedankenlosigkeit und mangelnde Wertschätzung? Brauchen wir ein „Heimatministerium“, wenn nicht einmal unsere Denkmalpflege gut genug ausgestattet ist? Ich finde, darüber lohnt es sich mal nachdenken.

1 Kommentar

  1. Markus

    Hallo Katja,
    schwierige Themen hast Du mutig angesprochen.
    Ich bin auch beeindruckt vom Umfang der vielen unterschiedlichen Themen.
    Es lohnt sich, hier regelmäßig reinzuschauen.
    Da wird man im Alltagsstress immer mal wieder auf neue, alte Ideen gebracht und erhält immer mal wieder Denkanstöße.

    Antworten

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Über Katja Hobler

Katja Hobler probiert unheimlich gerne sich selbst und neue Dinge aus. Daher ist sie sehr dankbar, dass sie bei Natursteine Glöckner nicht nur für Strategie, Marketing und CSR zuständig ist, sondern noch für eine gute Handvoll anderer Bereiche.

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