Ein echt rührendes Kinderbuch aus Schweden. Und zum Lächeln bringt es Sie auch.
Kürzlich erzählte mir meine Freundin Anke, dass ihr kleiner vierjähriger Sohn grade seine erste Erfahrung mit dem Tod gemacht hat. Eine Amsel war nämlich mit Karacho gegen die Fensterscheibe geflogen und hatte dies leider nicht überlebt. Nach dem ersten Schreck schlug der Knirps vor, die Amsel zu grillen, denn sie sei ja jetzt eh tot. Das lehnte Anke jedoch entschieden ab, und so wurde der Vogel im Garten feierlich begraben (inklusive Sarg).
Als ich später nochmal darüber schmunzeln musste, fiel mir das schöne Kinderbuch mit dem noch schöneren Titel „Die besten Beerdigungen der Welt“ wieder ein. Ulf Nilsson und Eva Eriksson schreiben hier über das Thema „Tod“ leicht und kindgerecht, ohne trivial zu sein. Die Lektüre lohnt sich aber auch für uns Erwachsene.
Die Beerdigungen AG
Der Ich-Erzähler, seine Freundin Ester und Esters kleiner Bruder Putte finden eine tote Hummel, die sie erst betrauern, dann beerdigen. Das macht ihnen einerseits total viel Spaß, andererseits begreifen sie rasch den Sinn dahinter: „In jedem Gebüsch liegt ein Vogel, ein Schmetterling, eine Maus. Jemand muss nett sein und sich um sie kümmern.“
So gründen die Drei flugs ein Bestattungsunternehmen mit dem Namen „Beerdigungen AG“. Von nun an bringen sie (mit und ohne Bezahlung) alles tote Getier unter die Erde, das ihnen vor die Füße kommt, selbst die Heringe aus dem Kühlschrank. Dabei denken sie an alles: an Blumen, an den Gesang, an zu Herzen gehende Grabreden, an Trauergäste und an den Grabstein.
Dieser Firmengründung gehen drei sehr wichtige, intuitiv gewonnene Erkenntnisse voraus:
- Der Tod ist natürlich und alltäglich.
- Die Beerdigung ist eine Wertschätzung für den Toten speziell und für das Leben allgemein.
- Das Leben geht weiter.
Sie halten das für selbstverständlich? Nein, das ist es nicht.
Ich habe ja beruflich mit dem Thema zu tun und unterhalte mich daher auch öfter darüber. Häufig höre ich dann, dass „der Leichims“, also das anschließende Zusammensein nach Beerdigungen, das Letzte sei, „da lachen die Leute wieder, als wenn nichts gewesen wäre“. Wie oft sitzen mir im Beratungsgespräch Kunden gegenüber, die sich nicht vorstellen können, was der oder die Verstorbene sich gewünscht hätte, weil man nicht darüber gesprochen hat. Oder die Leute schämen sich beinahe dafür, einen „schönen“ Grabstein haben zu wollen.
Dieses Kinderbuch lege ich Ihnen daher sehr ans Herz, denn es hat zwei wesentliche Gedanken wieder in mir angestupst:
- Das Thema Tod gehört nicht in die Tabu-Ecke. Denn der ist ja doch unausweichlich, irgendwen trifft es jeden Tag. Kinder gehen von sich aus eher undramatisch an die Sache heran, weil sie die Konsequenzen nicht absehen können. Erst wir Erwachsene verleihen dem Thema die – durchaus angemessene – Tragweite und Tragik.
Bloß dadurch, dass wir den Tod ausblenden, entkommen wir ihm ja nicht. Und wenn wir uns ab und zu mal mit der oft plötzlichen Endlichkeit unseres Daseins beschäftigen, denken wir möglicherweise ein paar wichtige Gedanken. Zum Beispiel: Ich könnte mal wieder Zeit mit meiner besten Freundin verbringen, meinen entfernt lebenden Bruder besuchen, die Reise machen, von der ich seit langem träume. - Die Beerdigung erfüllt eine sehr sinnvolle Aufgabe: die offizielle und gemeinsame Würdigung des verstorbenen Menschen. Nicht nur die engsten Angehörigen, sondern alle Trauernden erfahren die gegenseitige Anteilnahme, wir teilen den gleichen schmerzlichen Verlust, wenn auch nicht gleich intensiv. Auf der Trauerfeier können wir uns zum einen von unseren Erinnerungen erzählen. Zum anderen wenden wir uns beim gemeinsamen Kaffee und Kuchen wieder dem Leben und den Lebenden zu.
Zu mir kommen die Menschen erst, wenn für die Verstorbenen alles Wesentliche schon geregelt ist. Der Grabstein dient dann ganz oft auch als sichtbares Zeichen fürs Loslassen und Abschließen. Nicht für das Ende des Gedenkens.
P.S. Die Beerdigungen AG können sie leider nicht mehr beauftragen. Denn „am nächsten Tag machten wir dann etwas ganz anderes.“
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